Welche Formen der Ausbeutung gibt es?
Gemäß Artikel 2 der EU-Richtlinie 2011/36/EU über die Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und den Schutz seiner Opfer umfasst Menschenhandel mindestens die unten aufgeführten Ausbeutungsformen. Diese Richtlinie legt einen Mindeststandard fest, den alle Mitgliedstaaten umsetzen müssen und wurde durch ihre (Aktualisierung im Jahr 2024) um weitere Ausbeutungsformen ergänzt, welche spätestens im Jahr 2026 von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales Gesetz umgesetzt werden müssen.
Die Realität zeigt, dass sich Ausbeutungsformen dynamisch verändern, je nachdem, wie kriminelle Strukturen organisiert und vernetzt sind. Neben den klassischen Formen nehmen zunehmend digitale und hybride Ausbeutungsmodelle zu – etwa Zwang zu strafbaren Handlungen durch Online-Scams, sexuelle Ausbeutung im digitalen Bereich oder Zwangsarbeit in globalen Lieferketten.
Wenn die Zwangslage oder Hilflosigkeit einer Person ausgenutzt wird, um sie dazu zu bringen in der Prostitution zu arbeiten oder andere sexuelle Dienstleistungen, durch die sie ausgebeutet wird, anzubieten, spricht man von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und Zwangsprostitution.
Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung lässt sich in drei Schritte aufteilen:
- Anwerbung (Menschenhandel)
- Veranlassen der ausbeuterischen Tätigkeit (Zwangsprostitution)
- Ausbeutung
Nach § 232 (1) a des deutschen Strafgesetzbuches liegt Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung dann vor, wenn die persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder Hilflosigkeit einer Person aufgrund des Aufenthaltes in einem fremden Land ausgenutzt wird, und diese Person mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung angeworben, transportiert oder beherbergt wird.
Das Veranlassen der ausbeuterischen Tätigkeit ist unter § 232a StGB als Zwangsprostitution erfasst. Diese beinhaltet, die betroffene Person dazu zu bringen, die Prostitution oder sexuelle Tätigkeit aus- oder fortzuführen, und zwar unter Ausnützung deren Zwangslage, deren hilfloser Lage, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder deren jugendlichen Alter unter 21 Jahren. Die Person, die zur Prostitution zwingt, muss nicht dieselbe Person sein, die die Anwerbung oder den Transport übernommen hat.
Der § 233a StGB deckt Fälle ab, in denen die sexuelle Ausbeutung oder andere Formen des Menschenhandels unter Ausnutzung von Freiheitsberaubung, d.h. Einsperren, stattfindet.
Oft betrifft der Menschenhandel in die Zwangsprostitution Migrantinnen, die aus wirtschaftlich schwachen Ländern nach Deutschland kommen, aber auch hier lebende Personen.
Die Anwerbung geschieht oft unter Täuschung, so dass Betroffene beispielsweise durch Inserate über die Art der Tätigkeit oder die Arbeitsbedingungen getäuscht werden. So kann es vorkommen, dass Betroffene dann mit Arbeitsbedingungen konfrontiert sind, denen sie vorher nicht zugestimmt haben und dass sie gezwungen werden unter diesen Bedingungen weiter in der Prostitution tätig zu sein. Gerade afrikanische Betroffene werden mit fiktiven, sehr hohen Geld-Forderungen der Menschenhändler von bis zu 50 000 Euro für die Einreise unter Druck gesetzt, und gefordert, diesen Betrag hier abzuarbeiten. Weitere Mittel des Zwangs sind: Entwendung der Ausweispapiere, physische oder psychische Gewalt, Entzug von Nahrung, Erpressung, Überwachung, Drohungen gegenüber der Familie oder die teilweise oder vollständige Abgabe der Einnahmen.
Menschenhandel zur Ausbeutung der Arbeitskraft beinhaltet, dass jemand die Notlage, die Hilflosigkeit oder auch die fehlenden Sprachkenntnisse von Arbeitnehmerinnen ausnutzt oder sie zwingt, eine Tätigkeit auszuführen, durch die sie ausgebeutet werden. Die Betroffenen werden in ihrer Handlungsfähigkeit so weit eingeschränkt, dass sie nicht mehr frei über ihre Arbeitskraft verfügen können. Sie werden nicht oder nicht angemessen entlohnt und müssen unter schlechten oder sogar gefährlichen Bedingungen arbeiten.
Strafrechtlich ist diese Form des Menschenhandels unter § 232 StGB (Menschenhandel), § 232b StGB (Zwangsarbeit), §233 StGB (Ausbeutung der Arbeitskraft) und §233 a StGB (Ausbeutung der Arbeitskraft unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung) geregelt. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Formen sind häufig fließend.
Vereinfacht kann Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung in drei Handlungen aufgeteilt werden:
- Anwerbung (Menschenhandel)
- Veranlassen der ausbeuterischen Tätigkeit (Zwangsarbeit)
- Ausbeutung (Ausbeutung der Arbeitskraft durch zu geringe Bezahlung, gefährliche Arbeitsbedingungen, Vorenthalten des Lohnes)
Anwerbung, Transport und Ausbeutung der Betroffenen erfolgen ähnlich wie beim Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, und beide Ausbeutungsformen können auch parallel oder nacheinander stattfinden. Die Menschenhändler nutzen materielle Notlagen, sowie die psychische oder soziale Vulnerabilität ihrer Opfer aus. Die Betroffenen werden mit falschen Versprechungen auf lukrative Arbeit davon überzeugt, das Risiko einzugehen, im Ausland zu arbeiten. Die Menschenhändler präsentieren sich unter Umständen als erfolgreiche Unternehmerinnen oder mächtige Vermittler. Sie legen oft Arbeitsverträge mit fiktiven Unternehmen vor. Die Verträge täuschen häufig falsche Tatsachen vor, z.B. dass die Betroffenen krankenversichert sind oder es wird eine viel kürzere Arbeitszeit angegeben, als zu leisten ist.
Schuldknechtschaft ist keine seltene Praxis. In solchen Fällen werden die Betroffene nicht gebeten, Vermittlung, Transport, Verpflegung und / oder Unterkunft im Voraus zu bezahlen, sondern erst, nachdem sie ihr erstes Gehalt erhalten haben. Zu dem Zeitpunkt, an dem sie den Lohn erhalten sollten, werden ihre angeblichen Schulden so hoch beziffert, dass sie von ihnen nicht abgezahlt werden können. Oftmals werden die Betroffenen auch um ihre Bezahlung betrogen oder vertröstet oder sie erhalten nur Teilzahlungen. Für die Unterbringung in miserablen, nicht selten gesundheitsgefährdenden Räumlichkeiten werden hohe Mieten in Rechnung gestellt, wie auch für die Verköstigung durch den Arbeitgeber. Im Laufe der Monate wachsen die Schulden rasch, sind für die Betroffenen undurchsichtig und nicht kontrollierbar und erreichen nicht selten exorbitant hohe Beträge.
Betroffene von Arbeitsausbeutung können sowohl Männer als auch Frauen sein. Während Männer meist in der Landwirtschaft, in Fabriken, in Schlachthöfen, im Speditionsgewerbe oder auf Baustellen tätig sind, werden Frauen häufig in der Landwirtschaft, im Tourismus (Hotels und Pensionen), von Reinigungsbetrieben, in der häuslichen Altenpflege mit 24-Stunden-Betreuung, in der Gastronomie (Restaurants und Fast Food) sowie in Haushalten von Familien (häufig in diplomatischen Haushalten) ausgebeutet.
Die Arbeitsbedingungen sind hart - überlange Arbeitszeiten, oft körperlich sehr anstrengende Arbeit, fehlender Gesundheitsschutz, zu wenig Ruhezeit und Pausen, wenig und kontrollierte Freizeit, erheblich geringere Löhne als marktüblich oder gar keine Entlohnung sind typische Merkmale der Ausbeutungssituation. In vielen Fällen besteht in Deutschland kein Schutz durch eine Krankenversicherung oder Unfallversicherung, und es wird von den Arbeitgebern keine Sozialversicherung gezahlt. In der Altenpflege ist die psychische Belastung oft sehr hoch. Neben der körperlichen Erschöpfung belasten die scheinbare Ausweglosigkeit, das Gefühl der Hilflosigkeit und die Enttäuschung, die zu Hause gebliebene Familie nicht unterstützen zu können. Die Situation wird von den Betroffenen als traumatisch erfahren. Ein Ausbruch aus der Ausbeutungskette ist für die Betroffenen fast unmöglich. Einerseits führen das niedrige Bildungsniveau und die fehlenden Sprachkenntnisse zu Kommunikationsbarrieren. Andererseits haben die Bedrohungen, die von den Menschenhändlern persönlich oder von den Familienmitgliedern ausgehen, die Wirkung, starke psychologische Käfige zu bauen. Darüber hinaus werden viele Betroffene der Arbeitsausbeutung von den Menschenhändlern vergewaltigt oder zur Prostitution gezwungen. Aus finanzieller Not hungern die Betroffenen oft, sie haben nicht einmal Geld sich Essen zu kaufen. Der Kauf eines Rückfahrtickets nach Hause bleibt nur ein Wunsch.
Die Tätigkeit des „Bettelns“ an sich stellt in Deutschland keinen Straftatbestand dar, solange keine kommunalen Verbote ausgesprochen wurden und keine Ausbeutung durch andere vorliegt. „Ausbeutung bei der Ausübung der Betteltätigkeit“ ist erst seit der Neufassung der strafrechtlichen Vorschriften zum Menschenhandel im Jahr 2016 ein eigener Straftatbestand.
Sie ist gegeben, wenn Personen zum Betteln und zur Abgabe ihrer Einkünfte gezwungen werden und wenn dabei von den Tätern ihre wirtschaftliche oder persönliche Zwangslage und ihre Hilflosigkeit in einem fremden Land ausgenutzt wird. Die Opfer von Zwangsbettelei sind nicht nur gesundheitsgefährdenden Bedingungen während der Arbeit ausgesetzt, sie werden von den Tätern auch oft geschlagen oder mit Nahrungsentzug bestraft. Die Unterbringung der Betroffenen ist meist menschenunwürdig oder schlecht, d.h. sie schlafen in Abbruchhäusern, Zelten, öffentlichen Räumen oder in Obdachlosen-Unterkünften. Sie erhalten nur wenig Nahrung, gerade ausreichend, um zu überleben.
Oft sind es kriminelle Banden, die die Bettlerinnen organisiert einsetzen und ausbeuten. Bei der Ausbeutung der Betteltätigkeit bestehen zwischen Opfern und Tätern nicht selten familiäre Bindungen. Während bei der Arbeitsausbeutung der Kontakt mit den Tätern oft nur telefonisch oder über das Internet bestand, ist das Verhältnis zwischen Betroffenen und Tätern bei der Ausbeutung der Betteltätigkeit häufig enger. Die Täter kennen die Betroffenen als Mitglieder derselben Gemeinschaft oder Mitglieder der erweiterten Familie, und können darüber die Opfer unter Druck setzen.
Bei den Betroffenen handelt es sich überwiegend um sehr arme Menschen, oft ältere Menschen oder Personen mit körperlichen und / oder geistigen Behinderungen. Frauen, die dieser Form der Ausbeutung ausgesetzt sind, werden häufig zusammen mit ihren Kindern oder auch den Kindern von Dritten ausgebeutet, die dazu benutzt wurden, das Mitleid der Passanten zu erregen. Die Betroffenen werden bei der Betteltätigkeit auf der Straße kontrolliert und können nicht weggehen. Sie müssen dort trotz widriger Witterung und über viele Stunden ausharren.
Es ist für Außenstehende schwer zu erkennen, ob eine Person für den eigenen Lebensunterhalt bettelt, oder Opfer einer Bande ist. Ein Hinweis auf Menschenhandel zur Bettelei liegt auch vor, wenn Personen zu dem Ort gebracht werden, an dem sie betteln, und wieder abgeholt werden.
Angesichts der bestehenden Abhängigkeit zu den Menschenhändlern und der eigenen Handlungsunfähigkeit ist es für diese Personen nahezu unmöglich, auszubrechen. Bei Interventionen durch Dritte zeigen die Betroffenen oftmals aus Angst mangelnde Kooperation, verweigern Hilfe und ihre Unterstützung ist aufgrund der körperlichen und / oder psychischen Probleme der Betroffenen eine Herausforderung.
Gemäß der Richtlinie 2011/36/EU, sollte der Begriff „Ausbeutung strafbarer Handlungen“ als Ausnutzung einer Person zur Begehung unter anderem von Taschendiebstahl, Ladendiebstahl, Drogenhandel und sonstigen ähnlichen Handlungen verstanden werden, die unter Strafe stehen und der Erzielung eines finanziellen Gewinns dienen.“[1]
Das deutsche Strafrecht stellt sowohl die Anwerbung und den Transport, die Beherbergung etc. zum Zwecke der Ausbeutung strafbarer Handlungen unter Strafe (StGB §232, (1)d) also auch die Ausbeutung dieser Handlungen (StGB §233, (1) 3 (Ausbeutung der Arbeitskraft) unter Strafe.
Mit dem Zweck der Ausbeutung strafbarer Handlungen suchen sich die Anwerber Personen, die dazu gezwungen werden können, Straftaten wie Diebstahl, Drogenhandel oder Kreditkartenbetrug zu begehen. Das waren in den letzten Jahren oft Kinder oder auch junge Frauen. Ziel der Täter ist es, einen finanziellen Gewinn durch die Straftat zu erlangen, ohne die Tat selbst zu begehen. Der Vorteil für die Menschenhändler in solchen Fällen ist, dass die Opfer sich strafbar machen und damit erpresst werden können. Die Täter drohen den Opfern mit Polizei und Gefängnis, und leider wurden in der Vergangenheit die Betroffenen oft tatsächlich mit Gefängnisstrafen bestraft. Während bei „Bagatelldelikten“ solche Drohungen der Täter einschüchternd wirken, sind bei schweren Verbrechen wie dem Drogenhandel die Drohungen wirklich angsteinflößend. Täter gehen oft so vor, dass sie die Betroffenen am Anfang zu geringfügigen Straftaten zwingen. Nachdem Betroffene trainiert wurden, Straftaten zu begehen, ohne dabei erwischt zu werden, zwingen die Täter sie zu schwereren kriminellen Taten.
Um zu vermeiden, dass Betroffene von Menschenhandel, für die unter Zwang begangenen Straftaten bestraft werden, sieht die von Deutschland gezeichnete EU-Richtlinie gemäß Artikel 8 einen „Verzicht auf Strafverfolgung oder Straffreiheit der Opfer“, vor.
Quelle:
[1] RICHTLINIE 2011/36/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (PDF-Datei)
Eine Zwangsheirat liegt vor, wenn eine Ehe gegen den Willen einer oder beider Personen geschlossen wird; wenn also die Braut, der Bräutigam oder beide mittels psychischem Druck bis hin zu massiver physischer Gewalt zur Ehe gezwungen werden. Laut UN- Kinderrechtskonvention wird eine Heirat unter 18 Jahren als Kinderehe gewertet. Kinderehen sind eine Form der Zwangsverheiratung, denn Minderjährige können sich noch nicht angemessen wehren, bzw. können die Folgen einer Verheiratung nicht abschätzen.
Zwangsverheiratung ist in Deutschland seit dem 19.02.2005 strafrechtlich als schwere Form der Nötigung verboten.
Zwangsverheiratung verstößt gegen das Recht auf Freiheit der Eheschließung, wie es u.a. in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen 48 (Artikel 16 Absatz 2) verankert ist; dieses Recht findet sich auch im in den Grundrechten der Bundesrepublik Deutschland (Art. 6, Abs. 1). Eine erzwungene Verheiratung hat weit reichende Konsequenzen für die eigenen Lebens- und Entfaltungschancen und die psychische Gesundheit.
Arrangierte Ehen sind in vielen Ländern der Welt gelebte Tradition. Die Eltern suchen nach geeigneten Ehepartnern und Partnerinnen für ihre Kinder, schalten eventuell noch Heiratsvermittler ein. Wenn die Tochter oder der Sohn mit der Vermittlung und der Partnerwahl einverstanden sind und die Hochzeit wünschen, ist diese Verbindung keine Zwangsheirat. In der Praxis wird dem betroffenen Sohn oder der Tochter bei der Entscheidung für oder gegen einen Heiratskandidaten oder eine Kandidatin, sowie über den Zeitpunkt einer Eheschließung nicht immer Mitsprache eingeräumt, bzw. eine Ablehnung wird von der Familie nicht akzeptiert. Manchmal sin die Mädchen auch zu jung, um eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen. Die Grenzen zur Zwangsheirat sind fließend.
Jadwiga hilft Mädchen und Frauen, in Einzelfällen auch Männern, die unter familiären Konflikten leiden und eine nicht gewollte Hochzeit befürchten. Auch Frauen, die über eine Zwangsheirat nach Deutschland gelangt sind und sich in Not befinden, beraten wir.
Wir klären gemeinsam, was die hilfesuchende Person tun kann. Wir geben praktische Hinweise und konkrete Hilfen. Bei akuter Gefahr werden Schutz- und Fluchtmöglichkeiten aufgezeigt. Für die bestmögliche Sicherheit kann es notwendig werden, mit Behörden, Polizei, Jugendamt und Hilfsvereinen zu kooperieren. Dies geschieht immer in Absprache mit den Betroffenen. Oftmals ist eine überregionale Kooperation aus Sicherheitsgründen unerlässlich.
„Illegale Adoption“ bezeichnet eine rechtswidrige Vermittlung oder Übertragung eines Kindes zur dauerhaften Aufnahme in einer Familie gegen Entgelt, ohne dass sich an geltende gesetzliche Verfahren gehalten wird. Hierbei steht nicht das Kindeswohl im Vordergrund, sondern lediglich die finanziellen oder persönlichen Interessen Dritter.
Mit der EU-Richtlinie 2024/1712 wird die illegale Adoption offiziell als Form der Ausbeutung im Sinne des Menschenhandels anerkannt. Dies verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten zur strafrechtlichen Verfolgung. In Deutschland ist dies unter § 236 StGB als „Kinderhandel“ strafbar. Besonders schwer wiegt die Tat, wenn sie gewerbsmäßig erfolgt oder das Kind körperlich oder seelisch geschädigt wird.
Meist werden offizielle Adoptionsverfahren umgangen, indem Kinder unter falschen Angaben ihrer Herkunft gegen Entgelt in privaten Verfahren vermittelt werden. Die Adoptivfamilien lassen sich teils unwissentlich auf illegale Adoptionsverfahren ein.
Oft wird die vulnerable Lage der Herkunftsfamilien von Menschenhändler*innen ausgenutzt, um sie zur Abgabe/ zum Verkauf des Kindes zu drängen. Ausgelöst durch wirtschaftliche und soziale Notlagen werden Kinder teilweise gezielt in die Welt gesetzt, um sie zur Adoption freigeben zu können.
Hinweise auf eine illegale Adoption können neben dem Umgehen offizieller, gesetzlich geregelter Adoptionsverfahren sein, dass Familienverhältnisse vorgetäuscht werden und Kinder aus dem Ausland „mitgenommen“ werden.
Bei einer Leihmutterschaft wird ein Kind für andere Menschen ausgetragen, welche Eltern werden möchten. In vielen Ländern ist dieser Vorgang gesetzlich erlaubt und geregelt (z.B. USA, Portugal, Griechenland).
„Ausbeuterische Leihmutterschaft“ hingegen liegt vor, wenn eine Person durch Zwang, Täuschung oder Ausnutzung ihrer vulnerablen Lebenssituation dazu gebracht wird, eine Schwangerschaft für Dritte zu übernehmen. Hierbei werden häufig vulnerable Lebenssituationen ausgenutzt und Geld oder andere Dinge versprochen – diese Versprechungen bzw. Absprachen werden jedoch nicht eingehalten. Auch wissen die betroffenen Personen meist nicht, was mit ihnen oder dem Kind passiert, da sie gezielt schlecht informiert und getäuscht werden.
Mit der EU-Richtlinie 2024/1712 ist die ausbeuterische Leihmutterschaft als Form der Ausbeutung im Kontext des Menschenhandels anerkannt, was die EU-Mitgliedsstaaten zur strafrechtlichen Verfolgung verpflichtet. Die Richtlinie muss in Deutschland spätestens im Jahr 2026 in nationales Gesetz übertragen werden. Leihmutterschaft in Deutschland ist aktuell grundsätzlich verboten. Im Embryonenschutzgesetz sowie im Adoptionsvermittlungsgesetz ist geregelt, dass sich die an der Organisation und Durchführung beteiligten Fachkräfte sowie Vermittler*innen strafbar machen. Die werdenden Eltern sowie die austragende Person können im Fall einer Gefährdung des Kindeswohls belangt werden.
„Illegale Organentnahme“ bezeichnet die rechtswidrige Entnahme und den darauffolgenden Handel mit menschlichen Organen (häufig Niere oder Leber) zum Zweck der Transplantation, ohne Zustimmung der betroffenen Person. Als Form der Ausbeutung im Menschenhandelskontext müssen hier die entsprechenden Tatbestände des Menschenhandels zutreffen: Die Betroffenen sind bspw. unvollständig oder falsch informiert oder stimmen einer Transplantation nur unter Zwang bzw. aufgrund einer Notlage zu. Die Entnahme wird aufgrund finanziellen oder persönlichen Profits Dritter durchgeführt.
Meist werden Menschen in prekären Lebenslagen gezielt angesprochen oder unter Druck gesetzt, ein Organ gegen Entgelt oder unter falschen Versprechungen abzugeben. Die Organentnahme passiert nicht selten unter unhygienischen und schlechten Bedingungen (auch ohne ausreichende Nachsorge).
Oft werden wirtschaftliche und/ oder persönliche Notlagen durch Menschenhändler*innen ausgenutzt, um Menschen zur Organabgabe zu drängen.